entfremdet sein sollen, ist um so weniger anzunehmen, als das genannte Macellum, gegründet 179 v. Chr., durch den Bau des Augustusforums verdrängt und durch das Macellum Liviae auf dem Esquilin ersetzt wurde, was doch schwerlich als Ersatz für die am Tiber befindlichen Märkte dienen konnte (vgl. p. 109). Auf oder an dem Forum holitorium befanden sich folgende Heiligtümer: 1. der Tempel der Spes. Er war von M. Atilius Calatinus im ersten punischen Kriege erbaut (Tac. Ann. II 49; Cic. de leg. II 11) und wurde von den Bränden, die diese Gegend verwüsteten, öfters vernichtet; im Jahre 213 v. Chr. brannte er zugleich mit den am Forum boarium gelegenen Tempeln der Fortuna und Mater Matuta ab und wurde im folgenden Jahre wieder aufgebaut (vgl. p. 190). Von einem späteren Brande einer vaos Anidos im Jahre 31 v. Chr. berichtet Dio Cass. L 10. Nach Tac. Ann. II 49 wurde er im Jahre 17 n. Chr. von Germanicus wiederhergestellt. 2. Der Tempel der Pietas. Er wurde im Jahre 191 v. Chr. von M.' Acilius Glabrio in der Schlacht bei Thermopylae gelobt und zehn Jahre später von seinem Sohne dediziert (Liv. XL 34). Der Sohn setzte in diesen Tempel eine statua aurata, quae prima omnium in Italia statua aurata est, patris Glabrionis (Val. Max. II 5, 1). Über den Ursprung des Namens er Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. III, 3, B. 2. Aufl. 13 zählt Festus 209: Pietati aedem consecratam ab Acilio aiunt eo loco, quo quondam mulier habitaverit, quae patrem suum inclusum carcere mammis suis clam aluerit (ähnlich Plin. VII 121, nur dass es sich hier um Mutter und Tochter handelt). Der Tempel hat nur bis zu Cäsars Zeit gestanden, er musste samt anderen Gebäuden der Anlage des Marcellustheaters weichen (vgl. Plin. VII 121; Dio Cass. XXXXIII 49). — 3. Der Tempel des Janus, im Kalender zum 17. August und 18. Oktober (CIL I2 p. 325 und 337) Janus ad theatrum Marcelli1) genannt. Nach Tac. Ann. II 49 wurde er von C. Duilius im 3. Jahrhundert v. Chr. erbaut. Er spielt schon in der Fabierlegende eine Rolle; vgl. Festus p. 285: religioni est quibusdam porta Carmentali egredi 2) et in aede Jani, quae est extra eam, senatum haberi, quod ea egressi sex et trecenti Fabii apud Cremeram omnes interfecti sunt, cum in aede Jani S. C. factum esset, uti proficiscerentur. Nach Tacitus a. a. O. wurde er 17 n. Chr. von Tiberius wiederhergestellt. Ob sich Plin. XXXVI 28 Janus pater in suo templo dicatus ab Augusto auf diesen Tempel bezieht, steht nicht fest. 4. Der Tempel der Juno Sospita. Er ist nach Liv. XXXII 30 im Jahre 197 v. Chr. von C. Cornelius Cethegus in der Schlacht gegen die Insubrer gelobt worden, Liv. XXXIV 53 heisst es aus dem Jahre 193 v. Chr. aedes eo anno aliquot dedicatae sunt: una Junonis Matutae in foro holitorio, vota locataque quadriennio ante a C. Cornelio consule Gallico bello. Hier ist sicher derselbe Tempel gemeint, Matutae muss verschrieben sein. Die Wiederherstellung des Tempels memoria nostra, d. h. zur Zeit des Marserkrieges, auf Grund eines wunderbaren Traumes erwähnt Cic. de div. I 2 und 44. Die Bestimmung der Lage dieser Tempel, namentlich ihre etwaige Identifizierung mit den Tempeln unter S. Nicola in carcere ist nicht leicht. Der Tempel der Pietas ist durch das Marcellustheater verdrängt, kommt also hierfür nicht in Betracht. Der Tempel der Spes ist zugleich mit den Tempeln der Fortuna und Mater Matuta abgebrannt; hätte er mit dem Janus- und Junotempel zusammen gelegen, so wären diese wohl kaum verschont worden. Dass der Tempel der Spes allein gelegen hat, scheint auch aus Liv. XL 51 hervorzugehen; dort wird eine porticus post Spei a Tiberi ad aedem Apollinis Medici erwähnt. Für den Tempel des Janus ad theatrum Marcelli würde die Lage von S. Nicola gut passen. Mögen wir nun also in einem derselben den Tempel der Spes erkennen oder annehmen, dass unter ihnen sich die Tempel des Janus und der Juno befunden haben, jedenfalls sind uns einer oder mehrere von diesen Tempeln nicht bekannt. 69. Vor Porta Trigemina. 1. Die Horrea. Die grossartigen gewerblichen und kaufmännischen Anlagen vor der Porta Trigemina, die in der Kaiserzeit nicht nur den schmalen Ufersaum längs des Aventins einnahmen, sondern sich über die südlich davon gelegene Ebene bis an die nachmalige Aurelianische Mauer erstreckten, haben ganz allmählich erst, vom Thore ausgehend, sich entwickelt. Die ältesten aller Anlagen sind die 1) Irrtümlich Serv. Aen. VII 607 unter Zusammenwerfung dieses Tempels mit dem auf dem Forum (oben p. 102) circa imum Argiletum iuxta theatrum Marcelli. Salinae, das unmittelbar vor dem Thor gelegene Salzlager. Die Gewinnung des Salzes auf den Salzwiesen am Ausfluss des Tiber (Liv. I 33, Plin. N. H. XXXI, 89) und seine Überführung in das Innere des Landes scheint die erste Kulturmission Roms gewesen zu sein. Das Salz kam zu Schiff den Fluss herauf und wurde in Magazinen vor der Porta Trigemina gelagert. Von hier ging der Transport zu Lande weiter. Die bei der Porta Collina beginnende Via Salaria hat davon ihren Namen.1) Die Magazine vor der Porta Trigemina haben das ganze Altertum und Mittelalter hindurch bestanden; noch heute heisst der Ort: Salara vecchia". Am Abhange des Aventins über der Porta Trigemina war die Fabel von Cacus lokalisiert (Solin. I 8). Dort stand ein Altar des Jupiter Inventor, 2) der Sage nach von Hercules errichtet. Nicht weit davon stand, nach Dionys. I 32 τῆς Τριδύμου πύλης οὐ πρόσω, ein Altar des Evander. Lange Zeit mag das Salz der wichtigste Handelsartikel geblieben sein, der vor der Porta Trigemina lagerte. Beim weiteren Anwachsen Roms beginnt das Getreide eine Rolle zu spielen. Als ältestes Wahrzeichen dieses Handels galt das vor der Porta Trigemina befindliche Denkmal des L. Minucius Augurinus (Konsul 458, Decemvir 450 v. Chr.), abgebildet auf Münzen (MoмMSEN, Röm. Münzw. p. 550, Anm. 265). Es soll ihm im Jahre 439 v. Chr. vom Volke zum Danke für seine Getreideverwaltung errichtet sein. Plin. N. H. XXXIV 21 nennt es unter den columnae, sicuti C. Maenio, qui devicerat priscos Latinos. . (auf dem Comitium, vgl. p. 99), item C. Duilio, qui primus navalem triumphum egit de Poenis (260 v. Chr. bei der Rednerbühne CIL VI 1300, vgl. p. 81), quae est etiam nunc in foro, item L. Minucio praefecto annonae extra portam Trigeminam unciaria stipe conlata. Plin. XVIII 15 heisst es: statua ei extra portam Trigeminam a populo stipe conlata statuta est, vgl. Dionys. XII 4; sie stellte den L. Minucius mit einem Getreidemasse dar. 3) - Als dann im 3. Jahrh. v. Chr. Roms überseeische Beziehungen begannen, wurde diese Vorstadt der Sitz eines lebhaften Handelsverkehrs. Im Jahre 193 v. Chr. wurde von den Aedilen M. Aemilius Lepidus und L. Aemilius Paulus das Emporium1) angelegt, und von der Porta Trigemina bis an dasselbe die Porticus Aemilia geführt (Liv. XXXV 10). Die ursprüngliche Anlage scheint primitiver Art gewesen zu sein; erst nach 20 Jahren (174 v. Chr.) wurden die unentbehrlichsten Einrichtungen eines solchen Stapelplatzes, Pflasterung, Stufen zum Tiber etc. hergestellt. Auch die Porticus Aemilia wurde damals schon erneut, Liv. XLI 27: extra portam Trigeminam emporium lapide straverunt stipitibusque saepserunt et porticum Aemiliam reficiendam curarunt gradibusque ascensum ab Tiberi in emporium fecerunt. Die Wichtigkeit des Emporiums wuchs von Jahr zu Jahr; Hauptgegenstand der Einfuhr war und blieb das Getreide; daneben bildeten Öl und Wein, auch Holz wichtige Handels 1) Festus ep. p. 327: quia per eam Sabini sal a mari deferebant. 2) Solin. I7: aram Hercules, quam voverat si amissas boves repperisset, punito Caco patri Inventori dicavit. Bei Dionys. I 32 Ζεὺς Εὑρέσιος. Andenken ein vergoldeter Stier aufgestellt, 4) Vgl. JORDAN, Form. Urb. p. 44. BRUZZA, Ann. d. Inst. 1870 p. 106, Bull. d. Inst. 1892, 3) Nach. Liv. IV 16 wurde hier zu seinem | p. 134. artikel: im Jahre 192 v. Chr. wurde nach Liv. XXXV 41 eine porticus extra portam Trigeminam inter lignarios angelegt; dazu kam seit der Zeit des Augustus auch Marmor, der in grossen Massen von allen Enden der Welt eingeführt wurde. Ansehnliche Reste dieses Lagers sind längs des Ufers gefunden (daher Marmorata genannt).1) Entsprechend dem zunehmenden Verkehr sind die Grenzen des Emporiums allmählich erweitert worden; die Überbleibsel der grossen Umfassungsmauer sind zuerst von FABRETTI (De aquis et aquaeductibus III 11, Taf. IV), dann von PIRANESI (Ant. Rom. IV, Taf. XLVIII) publiziert worden und bis in die neueste Zeit vorhanden 1) Am Ausgang des Altertums schlugen hier Steinmetzen ihre Werkstatt auf, um den Marmor aus den schon verödeten Gebäuden zu verarbeiten. Ueber Aufdeckung einer solchen Steinmetzwerkstatt vgl. LANCIANI, Officina marmoraria della regione XIII. Bull. com. 1891, p. 23 ff. gewesen. Bei den Regulierungen des Terrains seit 1883 ist das Emporium noch einmal in seiner ganzen Ausdehnung aufgedeckt worden; man hat die Area desselben ohne jegliche Pflasterung und gänzlich ausgegraben gefunden (Not. d. scavi 1886 p. 22, Bull. com. 1886 p. 37 f.). Längs seiner mehr als 600 m langen Uferlinie fand man Stufen zum Flusse hinabgehend. Das in der Uferwand angebrachte Bild einer Amphora zeigt, dass die verschiedenen Waren (Getreide, Wein, Öl) ihre bestimmten Ausladeplätze hatten, die zum Teil nach den Ländern benannt sein mochten, aus denen die Waren kamen.') Durchbohrte Steine dienten zum Anbinden der Schiffe (Abb. 20). Übrigens sind die Uferverschalungen nur zum kleineren Teil aus Quadern, bei weitem der grössere besteht aus Ziegelmauern.2) Reste eines Landungsplatzes weiter flussabwärts, vielleicht für grössere Lasten (Obelisken) haben sich ebenfalls gefunden, vgl. Bull. com. 1898 p. 275. In der Umgebung des Emporiums müssen schon gleichzeitig mit dessen Gründung Niederlagen für die einlaufenden Waren angelegt worden sein, anfangs klein und dem noch unausgebildeten Bedürfnisse entsprechend, aber seitdem Getreide in grossen Massen von Staatswegen anfing verteilt zu werden, und die Verproviantierung der Hauptstadt zum wichtigsten Zweige der Verwaltung wurde, bedurfte man grösserer Kornmagazine; in gleichem Verhältnisse stieg der Konsum des Weines und Öles. So entstanden hier jene grossen Horrea, die allmählich die ganze Ebene unter dem Aventin bedeckten. Ihre erste Anlage ist, wie so vieles Bedeutende in Rom, an den Namen eines der grossen Geschlechter geknüpft,3) der Sulpicier. Dasselbe besass mindestens seit dem 2. Jahrh. v. Chr. in unmittelbarer Nähe des Emporiums grosse Strecken Landes, die Praedia Galbiana; der Konsul des Jahres 144 (oder 108?) v. Chr., Ser. Sulpicius Galba, ist hier bestattet. Das Grabmal ist neuerdings wieder aufgefunden worden (Bull. d. Inst. 1886 p. 62). Wann die Horrea dieser Familie, die Horrea Galbae oder Galbiana, angelegt sind, steht nicht fest, doch existierten sie zur Zeit des Augustus als kaiserliches Besitztum.4) Im Laufe der Zeit scheinen sie sehr erhebliche Vergrösserungen erfahren zu haben, auch jenes Grab fand sich eingebaut und sorgfältig geschützt innerhalb derselben. Vom Kaiser Galba heisst es im Chronographen von 354: domum suam deposuit et horrea Galbae instituit, was doch wohl nur von einem Vergrösserungsbau zu verstehen ist. Im 3. Jahrh. n. Chr. waren sie nach Porphyrio zu Hor. carm. IV 12, 18 vino et oleo et similibus aliis referta. Wir können hinzufügen, dass auch Marmor hier lagerte. Eine reiche Ausbeute von Inschriften) klärt uns über die rechtlichen Verhältnisse, sowie über die Verwaltung dieser grossen Speicher auf, die immer die wichtigsten 1) Vgl. LANCIAMI, Athenäum 1887 p. 868 f. 2) Vgl. PRELLER, Der Tiber, in den Ber. der sächs. Ges. der Wiss. 1848 p. 137 ff. 3) Appius Claudius und M. Porcius Cato p. 50; die Aemilier p. 51. 4) Vgl. Bull. com. 1885 p. 51 ff. Horaz erwähnt sie carm. IV 12, 18 und nennt sie horrea Sulpicia; desgleichen eine von Zma ragdus, einem Sklaven des Augustus, der Bona Dea Galbilla errichtete Weihinschrift (Eph. epigr. IV 723a). In derselben heissen sie mit dem üblicheren Namen horrea Galbiana (daneben existieren auch die Bezeichnungen horrea Galbana oder Galbae). 5) CIL VI 236. 338. 8680. 9801. 30855 (Eph. epigr. IV 723a). |