Lapas attēli
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herzlich mitlacht, weil er sich zugleich im innersten Kern seiner Persönlichkeit über dieses Lachen erhaben weiss.

Das letzte der angeführten Beispiele von der Selbstverlachung des Humoristen hätte man auch unter dem Kapitel ,,Anreden an die Leser"

anführen können, wie denn diese beiden Kapitel notwendig zusammengehören. Denn der Dichter, der so freimütig von sich selbst spricht, will auch direkt von den Lesern gehört werden, und so finden wir zahlreiche Apostrophen, teils längeren und ernsteren Inhalts, teils kurze, neckische Bemerkungen, in denen der Autor uns unmittelbar als Mensch zum Menschen gegenüber tritt, unser Urteil anruft, uns seine Ueberzeugung recht nahe bringen will, oder heiter und gutmütig mit uns seinen Scherz treibt. Die Kritik über ,,Vanity Fair" in der ,,Edinburgh Review" erwähnt ausdrücklich als einen Vorzug dieses Werkes ,,the confiding frankness with which the reader is addressed".) In den ,,Virginians" erklärt Th., dass er das Bedürfnis habe, von Zeit zu Zeit die Erzählung zu unterbrechen durch eine gemütliche Plauderei mit dem Leser: „Dear kind reader (with whom I love to talk from time to time, stepping down from the stage where our figures are performing, attired in the habits and using the parlance of the past ages").2) Kurze lustige Neckereien finden sich häufiger, z. B. wenn er sagt, dass er gerade am interessantesten Punkte abbrechen muss:,,I am obliged to leave off at the very most interesting point of the story",") oder wenn er weibliche Leser warnt, das eine oder andere nicht zu lesen; z. B. die Sprache, die die beteiligten Personen bei einem Ringkampf gebrauchen, hält er für zu stark, als dass sie für das Ohr einer Dame geeignet wäre. Darum schreibt er: „As it is very probable that many fair readers may not approve of the extremely forcible language in which the combat is depicted I beg them to skip it and pass on to the next chapter".4) Aehnlich ist die folgende,,note (which ladies are requested not to read").5) Nach der ungünstigen Kritik der „Kickleburys“ in der Times warnt er in der Vorrede zur zweiten Ausgabe jeden Leser, dem das Werk viel

1) Thackerayana 164.

2) X. 516.

3) XII. 361.

4) IV. 481.

leicht zufällig in die Hände fallen sollte, vor der Lektüre: ,,if you happen to take up the poor little volume at a railroad station, and read this sentence, lay the book down, and buy something else. You are warned. What more can the author say! If after this you will buy, amen! pay your money, take your book, and fall to".1) Seine Leser hält er für intelligente Leute, wie folgender Appell an den Leser am Schluss des Gedichtes,,The Legend of Saint Sophia of Kioff“ mit seinem unglaublichen Inhalt beweist:

Think not, O reader, that we are laughing at you;
You may go to Kioff and see the statue"!2)

Oefters finden sich auch ironische oder nicht ironische Schmeicheleien für den Leser eingestreut, wie ,,the intelligent reader", oder „,and you, O intelligent public of great Britain".3) In den,,Christmas Books" fordert er auf:,,Ah my dear fellow ... always dance with the old ladies always dance with the governesses. It's a comfort to the poor things when they get up in their garret, that somebody has had mercy on them. And such a handsome fellow as you too"!4) Ebenso setzt er bei seinen Lesern Sinn für Humor voraus, wenn es auch viele Personen gäbe, die kein Fünkchen dieser Gottesgabe besässen: „,But I take it for granted, my dear sir, that you are brimming over with fun you may not make jokes, but you could if you would you know you could: and in your quiet way you enjoy them extremely".5) Wie fein klingt auch hier wieder der leise, gutmütige Spott heraus! Aber man kann dem Dichter nicht zürnen, der so offen, wenn auch leise spottend, zu uns redet. Im Gegenteil, dieser direkte Verkehr zwischen Autor und Leser ist ein besonderer Reiz des humoristischen Schriftstellers und lässt ihn uns doppelt anziehend erscheinen.

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III. Th.'s Definition und Würdigung des Humors.

a) Allgemeine Definition des Humors.

Bevor wir betrachten, was Th. über den Humor denkt, wie er ihn auffasst und beurteilt, wollen wir einige allgemeine Gedanken über das Wesen des Humors vorausschicken.

1) IX. 161.

2) XIII. 97.
3) XIII. 321.
4) IX. 17.

Im Gegensatz zum objektiv Komischen ist der Humor keine Eigenschaft, die dem menschlichen Tun und Leiden an sich anhaftet, sondern eine subjektive Anschauungsweise unseres Gemüts,1) „jene höchst komplizierte Stimmung eines Geistes, welcher sich zu der beseligenden Gewissheit durchgerungen, es behaupte sich die hochherrliche Idee auch in dem Armseligsten und Gemeinsten, ja offenbare sich in diesem nur um so wundersamer, und doch von dem Armseligen und Gemeinen entsetzt, zur Idee zurück flüchtet, und den einen Endpunkt der Bahn nur berührt, um sofort zu dem andern Endpunkt zurück getrieben zu werden."2) Der Humorist erkennt die Widersprüche des Lebens; aber er will sie nicht mit bitterem Tadel aus der Welt schaffen, sondern heiter auflösen durch den Gedanken, dass alles Irdische unvollkommen sei.1) Die Leiden und Widerwärtigkeiten des Lebens betrachtet er von der hohen Warte einer weiteren Weltanschauung und fügt ihnen ein lösendes Kontrastgefühl bei, indem er uns unser Los als allgemeines Menschenlos hinnehmen lehrt. Der Kontrast des objektiv Komischen ragt an diese weite Auffassung nicht heran, er haftet vielmehr an der einzelnen komischen Erscheinung. Sobald diese mit dem Subjekt zusammenfällt, hört die Komik für den Betroffenen auf. Dagegen kann bei der humoristischen Auffassung die komische Erscheinung sich ebensogut auf unser eigenes Ich als auf fremde Personen erstrecken.3)

Der Humorist ist deshalb milde in der Beurteilung menschlicher Schwächen und Torheiten, ja er erkennt sie als liebenswürdig an, soweit sie die Grenzen der Moral nicht überschreiten. Es eignet daher dem Humoristen eine lebensfreudige Weltanschauung, die allerdings, wie jeder philosophische Optimismus immer aus der pessimistischen Erkenntnis herauswächst.4) Daher die scheinbaren Gegensätze im Wesen des Humors, seine springende Lust, seine lachende Wehmut, seine lebensüchtige Todesbegeisterung" 5) und seine Vorliebe für Posse und Tragik, die sich in ihm immer und immer wieder zu einem widerspruchsvollen Ganzen vereinigen. Dazu kommt die Empfindsamkeit des Humoristen, die durch die Tiefe und Reinheit

1) Vgl. Elster 345 ff.

2) Spielhagen 110.
3) Elster 345 ff.

5) Heine VI. 34 M. Hesses Verlag.

seines Gefühlslebens noch gesteigert ist und die die Sentimentalität des Humors erklärt. Denn ,,Sentimentalität ist sogar seine Haupteigenschaft." 1) Deshalb darf er auch den unlustvollen Schicksalsgefühlen gegenüber ziemlich weit gehn, das heisst, noch den bittersten Tränen darf er ein liebevolles Lächeln zugesellen, noch in harter Prüfungsstunde seines Amtes walten, unseren umflorten Blick mit einem hellen Lichtstreifen erfreuen und,,uns hinanführen zu einer wehmütigen Betrachtung der Unvollkommenheit alles irdischen Lebens und uns durch die Gedanken an das Ewige (zu) versöhnen. Die Grösse des Humoristen zeigt sich gerade darin, dass er seine Kreise nach dieser Richtung weiter und weiter zieht." 2)

Hierher kann auch die Satire dem Humor nicht folgen, wenngleich sie sonst häufig genug als sein Begleiter auftritt. Denn auch die Satire betrachtet die Welt von einem hohen idealen Standpunkte aus und bedient sich, wie der Humor, komischer und witziger Gegensätze. Auch die Satire betrachtet die Weltdinge im Verhältniss zur Idee. Aber während der Humor den Widerspruch zwischen Wirklichkeit und Ideal auflöst, indem er die Idee auch in dem Kleinsten und Unscheinbarsten zu entdecken sucht und entdeckt, hält die Satire die dunkle, spröde Wirklichkeit dem leuchtenden Bilde der Idee schroff entgegen, ohne den Versuch zu machen, den Gegensatz von Wunsch und Wirklichkeit zu überbrücken, so dass die Satire uns erbittert und niederdrückt, der Humor aber erhebt und befreit. Das erklärt, warum wir oft bei demselben Dichter Humor und Satire in enger Verbindung antreffen. Dem Humoristen nämlich kann es bei dem heiligsten Eifer nicht immer gelingen die schwere spröde Wirklichkeit zu bewältigen, ich meine zu durchhellen. Dann aber erscheint diese, da sie der Humorist nicht im Sinne des idealisierenden Künstlers verschönt hatte, als hässlicher Flecken auf der dahinterstehenden Sonne der Idee- und die Satire ist fertig. Umgekehrt aber kann, wie der Humorist aus Ohnmacht gegenüber der frechen Wirklichkeit zum Satiriker, so der Satiriker aus Gutmütigkeit, aus Mitleid mit dem Jammer der Endlichkeit, davon er ja doch schliesslich ein Teil ist, zum Humoristen werden." 3)

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Was das Lebensgebiet von Humor und Satire angeht, so ist das des Humors das weitere. Der Satiriker geisselt nur fremde Schwächen. Von dem gutmütigen Spott, den der Humorist über die Welt ergiesst, nimmt er sich selbst nicht aus, und die Weltverlachung des Humoristen kehrt notwendig zur Selbstverlachung zurück. Überhaupt ist der Humor nie lieblos. Für ihn gilt Jean Pauls Forderung, dass nur der über die Menschen lachen soll, der sie von Herzen liebt. Gefühlsinnigkeit und warme Anteilnahme an dem verlachten Objekt zeichnen ihn vor allen andern Formen der Komik aus. Auch wird daher der Humor oft energielos, tatenscheu und sucht sein Glück in ruhiger Beschaulichkeit. Das phlegmatische Temperament ist ihm besonders günstig. Aber er bleibt empfänglich für alles Erhabene und Komische und wird von dem Erhabenen ergriffen bis zur tiefsten Rührung, von dem Komischen fortgerissen bis zur grössten Lustigkeit." 1) Um nun den Humor, diese subjektive Auffassungsweise, zu objektivieren, greift der humoristische Dichter zu dem Mittel der komischen Darstellung, den „Formen der Posse und des Witzes, welche in ihm als ihrer höheren Einheit aufgehoben sind.") Der Humor spricht hier nicht unmittelbar selbst, sondern verrät sich in den Handlungen und Geschehnissen, in die der Dichter seine Gefühlsgegensätze hinein projiziert; Besonders in den bewusst-humoristischen Charakteren spiegelt sich der Humor des Dichters deutlich wieder, und fast immer kann man hinter diesen Gestalten die Züge des Autors durchschimmern sehen. Ferner kann der einzelne Vorgang oft nur objektiv komisch sein, aber durch die Einfügung in den Rahmen der weiten Weltanschauung des Humoristen in einer humoristischen Beleuchtung erscheinen. Diesen objektivierten Humor kann man jedoch von dem objektiv Komischen leicht unterscheiden, da bei ersterem immer die weite Weltanschauung im Hintergrunde sichtbar bleibt.3)

Für die Beurteilung unseres Humoristen ist es wichtig, dass er an mehreren Stellen selbst eigne

b) Definitionen des Humors

niedergelegt hat. Im allgemeinen ist Thackeray metaphysischen Erörterungen über das Wesen des Humors abgeneigt,,,for

1) Vgl. Fischer 103.

3) Vgl. Elster 345 ff.

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