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19. Hier also scheiden sich Vernunft und Phantasie oder vielmehr Phantasterei völlig. Eine Philosophie, die das gesammte Reich der Sinnlichkeit in zwei nichtsaus. drückende Formen auflöset und damit das Wesentliche des selben, unser Innewerden vernichtet; sie, die das Wesen des Verstandes, Anerkennung aufhob, und ftatt ihrer einen dunkeln Schematismus nirgend entspross fener Wortlarven sette; sie, die das Amt der Vernunft mißkennend, diese selbst zur dichtenden Jägerin im Uns vernehmbaren machte, und den einfachsten Begriff der Vernunft als ein Ideal, d. i. als ein Gedankenbild der Phantasie imaginiret, hat eben damit dem Amt der Vernunft entsaget. Diese wirft ein gesammletes, fich selbst widersprechendes Ideal hinweg und spricht: „Nichts Heiliges ist in dir. Mein Begriff von Gott ist die ewis ge Vernunft selbst; sie ist mir in mir und in Allem gegeben. Auf einem Daseyenden, Nothwendigen, in sich Höchstbestimmten stehet alle Veränderung; jeder Bes griff des Verstandes, jedes Urtheil der Vernunft hangt am Wort Ist oder Ist nicht; er sett Wahrheit voraus, Wahrheit in sich, zuleht ewige Wahrheit.

20. Könnte das Auge oder irgend eine Organisation der Natur sich selbst aussprechen; sie språche sich aus als For mel einer unendlichen Vernunft, d. i. unendlich vieler, in ihr dargestellten Verhältnisse, in sich selbst zusammentreffender Gedanken. Der Vernunft spricht sie sich also aus; sich selbst spricht die Vernunft also aus, auf ein Nothwendiges, d. i. Höchstbestimmtes Das seyn mit seinen Folgen, auf Verknüpfung zwischen Urs sache und Wirkung gegründet. Nehmet dies weg, so ist Alles ein Traum, ein Phantasma.

21. Aber die Vernunft weiß, daß sie ist; sie weiß cs allein. Selbst die Phantasie könnte ohne sie nicht

dichten; die dichtende Phantasie setzt Vernunft voraus, und hüllet, was sie nicht genau kennt, nur ein in ihre Bilder. Auch der Wilde, der vor dem mächtigen Wasserfall als einer Wirkung des großen Geistes knieet, ehrt die Verknüpfung zwischen Ursache und Wirkung; hundert Stufen der Naturwirkungen höher hinaufgesties gen, knieen wir anerkennend wie Er. Die Phantasie selbst hat droben ihre Flügel verloren; auch sie erkennet eine durch sich bestehende Wahrheit. Keine Naturgesehe, keine Mathematik findet ohne diese statt; nichts bliebe uns übrig, als erdichtete Prototypen, gehäufte Sum men, synthetische Ideale, Schwärmereien, die die reine Philosophie weder anerkennet noch ausspricht.

22. Hinweg also mit dem Wort: „Ideal der reinen Vernunft; die Vernunft dichtet und schafft keine Ideas le. Nothwendigen Begriff, Zusammenhang zwischen Urs sache und Wirkung sucht sie; in ihr selbst ist ihr dieser gegeben. Sie darf damit nicht tåndeln, oder sie ist keine Vernunft mehr; der Prototyp derselben ist Bestes hen in sich, nothwendige Wahrheit. Eine bes schränkte, aber keine mangelhafte Copie ist sie dieses Urs typus: denn auch im kleinsten Wassertropfen spiegelt sich die Sonne als Sonne; der kleinste Eirkel ist seinem Wesen nach Eirkel. Wer die reinste Idee der Vernunft für Phantasie erklärt, erklärt auch für Phantasie, daß 2 + 2 = 4 sey; er gab die innere Nothwendigkeit des Begriffs auf, der alle unsre Ideen bindet und festhält.

23. Ein Wahn ists, daß die Idee von Gott den Forscher der Natur stdre oder aufhalte; willkührliche Wortidole, Phantasmen stdren ihn, nicht aber der Be griff von absoluter, durch sich gegebner, nothwendiger Wahrheit. Lege diesen allenthalben zum Grunde; in jedem Daseyn suchend das Maximum oder Minimum seis

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13.

Vom

Discipliniren

der reinen Vernunft.

ner Beharrung, in jeder Kraftåußerung Verknüpfung der Ursache und Wirkung; du gehest nie irre. Der Begriff von Gott und seiner Einheit als einer reinen Vernunfts Ursache hat die menschliche Vernunft aufgeklårt, und von den Hefen der Phantasterei gereinigt. Er lehrte sie Einheit anerkennen, wo Einheit war, nothwendige Ge setze finden, wo sie sich ihr aufdrangen, d. i. allenthals ben. Auf diesem Wege wird sie fortgehen, sich ihrer felbst freuend als eines lebendigen Abdrucks jener großen Verknüpfung, mit dem Siegel innerer Nothwendigs keit bezeichnet. Selbst die gaukelnde Phantasie wird fie zurechtweisen; denn diese ist doch nur ein Traum der Vernunft, ein Schatte der Wahrheit.

24. Wundern dürfen wir uns also nicht über die Streis tigkeiten, die, wie über jeden mißverstandenen Begriff, so auch über den reinsten und einfachsten aller, über Gott, entstanden. Da er durchaus keine Zumischung der Phans tasie leidet, in welcher er sogleich ein Unbegriff wird, ließ sich über ihn in eine Mißgestalt gehüllt, viel streiten. Jeder Philosophie aber ist die reine Anerkennung dieser gewisfesten Idee Kriterium; verkannte sie diesen Begriff, welchen reinen Begriff sollte sie nicht verkannt haben?

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