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No. 4619.

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Art. 5. In den abgetretenen Gebieten wird die Deutsche Regie-Deutschland rung die in Criminalprocessen verfallenen Gerichtskosten und Geldstrafen für u. Frankr., sich einziehen, und übernimmt dagegen die Auszahlung der in Criminalsachen erwachsenen Gerichtskosten an diejenigen Personen, welche derzeit Ersatz derselben zu fordern haben.

Art. 6. Die Auszüge aus den gerichtlichen Strafverzeichnissen, welche die durch die neue Grenze von ihren bisherigen Arrondissements getrennten Gemeinden betreffen, werden zwischen dem Deutschen Reiche und der Französischen Regierung gegenseitig ausgetauscht werden. Die Französischen Gerichts- und Verwaltungsbehörden, so wie die Privatpersonen werden die Befugniss haben, sich Auszüge aus den Strafverzeichnissen ausfolgen zu lassen, welche in den abgetretenen Gebietstheilen aufbewahrt bleiben. Die Deutsche Regierung wird künftig der Französischen ohne Kostenanrechnung die Straferkenntnisse mittheilen, welche von den Strafgerichten der abgetretenen Länder gegen Französische Staatsangehörige gefällt werden. Umgekehrt wird Frankreich künftig ohne Kostenanrechnung der Deutschen Regierung die verurtheilenden Erkenntnisse mittheilen, welche Französische Strafgerichte gegen Angehörige der abgetretenen Gebiete, die Deutsche Unterthanen geworden sind, gefällt haben.

Art. 7. Den im Artikel 15 des Friedensvertrages aufgestellten Grundsätzen gemäss wird vereinbart, dass den Berechtigten Deutscher oder Französischer Nationalität jede Erleichterung gewährt werden wird, um die Anerkennung und Ausübung der hypothekarischen Rechte, welche vor dem 20. Mai 1871 entstanden sind, zu sichern. Es wird gleicher massen abredet,

ver

1) dass die Register der Hypotheken-Aemter, welche gegenwärtig in den Hauptorten der getheilten Arrondissements in Verwahrung sind, zur Verfügung desjenigen der beiden Staaten bleiben oder gestellt werden sollen, welcher in Folge der neuen Abgrenzung den grösseren Flächenraum dieser Arrondissements besitzt; und

2) dass die in dem Umkreise der getheilten Verwaltungsbezirke ansässigen Deutschen oder Französischen Staatsangehörigen, deren Interessen dabei betheiligt sind, jederzeit das Recht haben sollen, sich durch die competenten Behörden Abschriften in gehöriger Form von den Einschreibungsoder Löschungs-Certificaten, deren sie bedürfen, ausfolgen zu lassen.

Art. 8. Die Hohen vertragenden Theile verpflichten sich, sich gegenseitig alle Urkunden, Pläne, Cataster, Register und Schriftstücke der durch die neue Grenze von ihren früheren Verwaltungsbezirken getrennten Gemeinden zurückzugeben, welche in den Archiven der Hauptorte der Departements oder Arrondissements, zu denen die fraglichen Gemeinden gehörten, verwahrt sind. Ebenso wird es mit den Acten und Registern, welche sich auf die öffentliche Verwaltung dieser Gemeinden beziehen, gehalten werden. Die Hohen vertragschliessenden Theile werden sich gegenseitig, auf Antrag der höheren Verwaltungsbehörden, alle Documente und Nachweise

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u Frankr., tretenen Landestheile und Frankreich betreffen.

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Art. 9. Bis zum Abschlusse der im ersten Absatze des Art. 6 des Friedensvertrages vom 10. Mai 1871 in Aussicht genommenen Verhandlungen wird verabredet, dass die Bischöfe, welche in den von der neuen Grenze durchzogenen Diöcesen eingesetzt sind, in ihrem ganzen Umfange die geistlichen Befugnisse, womit sie zur Zeit bekleidet sind, behalten, und ermächtigt bleiben sollen, für die religiösen Bedürfnisse der ihrer Obhut anvertrauten Bevölkerungen zu sorgen.

Art. 10. Die aus den abgetretenen Landestheilen herstammenden Personen, welche sich für die Deutsche Nationalität erklärt haben, und die sich im Besitze eines von der Französischen Regierung vor dem 2. März 1871 ertheilten Erfindungs- oder Verbesserungspatentes befinden, behalten die Befugniss, von ihren Patenten in der ganzen Ausdehnung des Französischen Territoriums Gebrauch zu machen, vorausgesetzt, dass sie sich den betreffenden Gesetzen und Reglements unterwerfen. Ebenso wird auch jeder Inhaber eines Erfindungs- oder Verbesserungspatents, welches die Französische Regierung vor demselben Datum bewilligt hat, bis zum Erlöschen des Patents innerhalb der ganzen Ausdehnung der abgetretenen Landestheile die Rechte ausüben können, welche dasselbe ihm zusichert.

Art. 11. Eine gemischte Commission von Special-Delegirten, welche die Hohen vertragenden Theile je zur Hälfte erneunen, wird mit der Ausführung der im Art. 4 des Frankfurter Friedensvertrages vom 10. Mai 1871 getroffenen Verabredungen beauftragt werden. Derselben wird gleichfalls die Liquidation der Summen überwiesen werden, welche die caisse des depôts et consignations den in den abgetretenen Landestheilen belegenen Departements, Städten und Gemeinden geliehen hat. Zu diesem Behufe wird die Commission die Feststellung und Liquidation der Summen, welche von der einen und der andern Seite reclamirt werden, bewirken und die Zahlungsart bestimmen. ¶ Sie wird zugleich mit der Uebergabe der Schuldscheine und Urkunden beauftragt werden, welche sich auf die ihr überwiesenen Forderungen beziehen. Die Arbeiten dieser Commission sind erst dann als definitiv verbindlich zu betrachten, wenn sie die Genehmigung der Hohen vertragenden Theile erhalten haben.

Art. 12. Um die Bewirthschaftung der an der Grenze gelegenen Landgüter und Wälder zu erleichtern, werden von allen Eingangs-, Ausgangsund Verkehrsabgaben befreit: Getreide in Garben oder Aehren, Heu, Stroh, Grünfutter, die Rohproducte der Wälder, Holz, Kohlen oder Pottasche, ebenso wie Dungstoffe, Sämereien, Bretter, Stangen, Pfähle, Thiere und Werkzeuge jeder Art, welche zur Bestellung der Güter dienen, die innerhalb einer Zone von zehn Kilometern auf jeder Seite der Grenze liegen, Alles unter dem Vorbehalte der vorschriftsmässigen Controle, welche in jedem der beiden Länder zur Unterdrückung des Schmuggels besteht. ¶ In demselben Umkreise und unter denselben Garantien werden ebenfalls von allen Ein

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gangs-, Ausgangs- oder Verkehrsabgabon befreit: Getreide und Holz, wel- No. 4619. Deutschland ches von den Einwohnern des einen der beiden Länder nach einer Mahl- u. Frankr., oder Sagemühle gesandt wird, die auf dem Gebiete des andern Landes belegen ist, ebenso wie Mehl und Bretter, welche daraus hergestellt sind. ¶ Dieselbe Vergünstigung wird den Einwohnern beider Länder für die Gewinnung des Oels aus den auf ihren Gütern gepflanzten Sämereien gewährt, ebenso für das Bleichen der Gespinnste und ungebleichten Leinwand, welche von Producten des von ihnen bebauten Landes herstammen.

Art. 13. Die Deutsche Regierung erkennt an und bestätigt die Concessionen, welche für Strassen, Canäle und Bergwerke, sei es von der Französischen Regierung, sei es von den Departements oder Gemeinden in den abgetretenen Landestheilen, ertheilt worden sind. ¶ Dasselbe ist der Fall hinsichtlich der Contracte, welche die Französische Regierung, die Departements oder die Gemeinden abgeschlossen haben Behufs der Bewirthschaftung oder Verwaltung von Domanial-, Departemental- oder Gemeindegütern, die in den abgetretenen Landestheilen liegen. Alle Rechte und Verbindlichkeiten, welche sich aus diesen Concessionen und Contracten für die Französische Regierung ergeben, gehen auf das Deutsche Reich über. In Folge dessen werden die Subventionen an Geld oder in Naturalien, die Forderungen der Bau-Unternehmer, Pächter und Lieferanten, ebenso wie die Entschädigungen für Expropriation von Land oder andere, die noch nicht bezahlt sein sollten, von der Deutschen Regierung übernommen werden. Hinsichtlich der Zahlungs- oder anderen Verpflichtungen, welche diese Concessionen oder Contracte den Departements oder Gemeinden der abgetretenen Landestheile auferlegen sollten, wird das Deutsche Reich dafür Sorge tragen, dass dieselben zu Gunsten der Concessionäre, Pächter oder Contrahenten genau erfüllt werden. In den Fällen, wo diese Verpflichtungen und Verträge sich auf gemeinnützige Anlagen beziehen, die von der neuen Grenze durchschnitten werden, wird die im Art. 11 erwähnte gemischte Commission mit der allgemeinen Regulirung der Rechnungen und der Auseinandersetzung der Lasten beauftragt werden, welche in jedem der beiden Länder, sei es dem Staate, sei es den Verwaltungsbezirken, zufallen. Diese Lasten werden vertheilt werden nach dem Verhältnisse des Theiles der Arbeiten, welcher auf jeder Seite der neuen Grenze liegt.

Art. 14. Da der Saar - Canal, der Canal des Salines de Dieuze und der Zweigcanal von Colmar, welcher die Verbindung zwischen dieser Stadt und dem Rheine herstellt, ihrer ganzen Ausdehnung nach innerhalb der abgetretenen Landestheile liegen, übernimmt die Deutsche Regierung alle Kosten dieser drei Canäle, welche noch zu bezahlen sind. ¶ Die Jahresraten, welche noch zu bezahlen bleiben, um die von der Stadt Colmar und den Industriellen der abgetretenen Landestheile dem Französischen Staate vorgeschossene Summe abzutragen, werden vom Jahre 1871 ab von der Deutschen Regierung entrichtet. In Betreff des Rhein-Rhone-Canals, welcher von der neuen Grenze durchschnitten wird, ist die Verabredung getroffen wor

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dass die zwölf Jahresraten, welche den früheren Unternehmern auf u. Frankr., Grund des Rückkaufes ihrer Actien noch zu zahlen sind, zwischen den 1871. Hohen vertragenden Theilen in dem Verhältnisse der Strecken, die in jedem der beiden Länder belegen sind, getheilt werden sollen. Die im Artikel 11 erwähnte Commission wird mit der Regulirung der Rechnungen, welche sich auf die oben bezeichneten Canäle beziehen, beauftragt werden, ebenso mit der Liquidation der Rechnungen, welche auf die Canalisation der Mosel und die gemeinschaftlichen Interessen der nunmehr getrennten Theile des Meurtheund des Mosel-Departements Bezug haben. Die Französische Regierung verpflichtet sich, dieser Commission alle Verträge, Documente u. s. w. zur Verfügung zu stellen, deren sie zur Ausführung ihres Auftrages bedürfen wird. Die Hohen vertragenden Theile werden Commissarien ernennen, welche für den Rhein-Rhone und den Rhein-Marne-Canal die geeigneten Bestimmungen über die Speisung der Wasserhaltungen im beiderseitigen Einverständniss festsetzen sollen.

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Art. 15. Die Hohen vertragenden Theile werden die Bildung von gemischten Commissionen Syndicaten erleichtern, welche die Reinigung und Unterhaltung der Wasserläufe überwachen sollen, von denen ein Theil in den abgetretenen Gebieten liegt. Der jetzige Zustand der Wasserläufe wird übrigens derart erhalten werden, dass die erworbenen Rechte sowohl der früher Französischen Uferbewohner, welche jetzt Deutsch geworden sind, als diejenigen der Französisch gebliebenen Uferbewohner nicht beeinträchtigt werden.

Art. 16. Das Deutsche Reich tritt rücksichtlich der Concessionen für die nachstehend benannten Eisenbahnanlagen, nämlich von 1) Münster nach Colmar, 2) von Steinburg nach Buchsweiler, 3) von Colmar nach dem Rheine, 4) von Styringen nach Rosseln und 5) von Maudelange nach Moyeuvre in alle Rechte und Verpflichtungen Frankreichs ein. Das Deutsche Reich behält sich vor, über die Concessions - Bedingungen für die nachstehend benannten Eisenbahn-Anlagen, nämlich: 1) von Saarburg über Finstingen nach Saargemünd, 2) von Courcelles an der Nied über Bolchen nach Teterchen, 3) von Mutzig nach Schirmeck und 4) von Nancy nach Salzburg und Vic, sich mit den Concessions - Inhabern zu verständigen.

Art. 17. Die Hohen vertragenden Theile verpflichten sich, in möglichst kurzer Frist sich gegenseitig das Verzeichniss der Zollämter und Localitäten mitzutheilen, welche für die in Art. 2, 10 und 17 der Convention vom 2. August 1862, betreffend die Zollabfertigung des internationalen Verkehrs auf den Eisenbahnen, verabredeten Uebergangs- und Umladungs - Operationen eröffnet werden sollen. Der Artikel 23 des Handelsvertrages zwischen dem Zollvereine und Frankreich vom 2. August 1862, welcher die Freiheit der gegenseitig ein- und ausgehenden Waaren von Durchgangs - Abgaben ausspricht, tritt für die im Art. 32 desselben Vertrages festgesetzte Zeitdauer wieder in Kraft.

Art. 18. Abgesehen von den internationalen Vereinbarungen, die

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der Friedensvertrag vom 10. Mai 1871 erwähnt, sind die Hohen vertragen- No. 4619. den Theile übereingekommen, die verschiedenen Verträge und Conventionen . Frankr., wieder in Kraft zu setzen, welche vor dem Kriege zwischen den Deutschen Staaten und Frankreich bestanden haben, Alles unter Vorbehalt der Zustimmungserklärungen der betreffenden Regierungen, welche bei Gelegenheit der Auswechselung der Ratificationen der gegenwärtigen Uebereinkunft werden beigebracht werden. Hiervon sind jedoch ausgenommen die besonderen Verabredungen zwischen Preussen und Frankreich, welche sich auf den Saarcanal beziehen. Auch berühren die Bestimmungen dieses Artikels die postalischen Verhältnisse nicht, welche einer anderweitigen Verständigung der beiden Regierungen vorbehalten bleiben. ¶ Ferner wird verabredet, dass die Bestimmungen des Badisch-Französischen Rechtshülfevertrages vom 16. April 1846, des zwischen Preussen und Frankreich am 21. Juli 1845 geschlossenen Auslieferungsvertrages und der Literarconvention zwischen Bayern und Frankreich vom 24. März 1865 vorläufig auf Elsass-Lothringen angewandt werden, und dass diese drei Verträge, bezüglich der darin bezeichneten Verhältnisse, für die Beziehungen zwischen den abgetretenen Gebieten und Frankreich bis auf Weiteres als Richtschnur dienen sollen.

Art. 19. Die gegenwärtige in Deutscher und Französischer Sprache redigirte Convention wird von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser einerseits und dem Präsidenten der Französischen Republik, nach Genehmigung der Nationalversammlung, andererseits ratificirt, und die Ratificationsurkunden werden innerhalb eines Monats, oder wenn möglich noch früher, zu Versailles ausgetauscht werden.

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten dieselbe unterzeichnet und ihre Siegel beigedrückt.

So geschehen zu Frankfurt, den Eilften December Eintausendachthundertundeinundsiebenzig. [Unterschriften.]

Die Auswechselung der Ratificationsurkunden hat in Versailles am

11. Januar 1872 stattgefunden.

[Französischer Text.]

Sa Majesté l'Empereur d'Allemagne, d'une part, et le Président de la République Française, d'autre part, ayant résolu, conformément à l'article 17 du traité de paix conclu à Francfort, le 10 mai 1871, de négocier une convention additionelle à ce traité, ont, à cet effet, nommé pour leurs Plénipotentiaires, savoir: lesquels, après s'être communiqué leurs pleins-pouvoirs, trouvés en bonne et due forme, sont convenus des articles suivants :

Art. 1. Pour les individus originaires des territoires cédés, qui résident hors d'Europe, le terme fixé par l'article 2 du traité de paix pour l'option entre la nationalité allemande et la nationalité française, est étendu jusqu'au 1er octobre 1873. L'option en faveur de la nationalité française

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